Hhmmmm......grmmmlll, ein erster zarter Augenaufschlag. Noch trübt
ein leichter Nebel seinen Blick.
Nein, noch nicht aufstehen. Hhmmm.... Es war so schön zu schlafen.
Seine Augen schließen sich noch einmal.
Er atmet tief. Seine Gedanken drehen sich um diesen, noch zukünftigen
Tag, der im Morgengrauen vor der Höhle steht. Wieder öffnen
sich leicht die Augen.
Seine rechte Hand tastet die Umgebung ab. Er berührt ihre Hüften.
Er streichelt sie. Sie schläft noch.
Sie ist schön, sofort spürt er die Erregung zwischen seinen
Beinen. Er öffnet die Augen und blickt starr an die Höhlendecke,
die im schwachen einfallendem Licht des anbrechenden Tages nur schwer
zu erkennen ist. Die Augen brauchen einen Moment, bis sie die Konturen
der schroffen Gesteinsformationen der Decke auseinander halten können.
Er streichelt ihren Schenkel und seine Gedanken reisen einen Augenblick
zurück zum gestrigen Abend, als das lodernde Feuer noch die Decke
erhellt hatte und jede noch so schwache Vertiefung, Furche oder Rille
seine Phantasie zu einem Tanz aufforderte. Er war schon oft durch das
Spiel der Flammen an dieser Decke in seine innere Welt gelangt.
Es war beruhigend sie zu streicheln. Ihr Schenkel ist angenehm warm.
Er liebte diese Wärme, er liebt sie.
Er ließ sie schlafen, obwohl sein Schwanz mit jeder Streicheleinheit
härter wurde. Der Tag.......ein neuer Tag.
Nur Minuten sind vergangen. Er blickt zum Eingang der Höhle. Es
ist deutlich heller geworden. An den Wänden erkennt man die Tierzeichnungen
der großen Feste. Bald sollte es wieder so weit sein. Das Fest
der Fruchtbarkeit brauchte nur noch einen Mond.
Jetzt räkelte sich sein Körper und mit einem Schwung stand
er auf seinen muskulösen Beinen. Er kratzte sich am Rücken
und schlenderte zum Höhleneingang. Schon etliche Schritte davor
brennen seine Augen. Es ist hell. Ein herrlicher Sommertag. Er tritt
auf das Plateau vor der Höhle, seine Blicke wandern zu den Eingängen
der zwei anderen Höhlen. Niemand ist da. Er spürt wie früh
es ist. Die Sonne ist noch nicht hinter den vor der Höhle befindlichen
Bäumen aufgegangen.
Von hieraus konnte er nur in die Baumwipfel sehen, die am Fuße,
der einige Meter steil abfallenden Felswand des Plateaus stehen und
vor ihm in den Himmel ragen.
Die Sonne geht genau in dieser Richtung auf.
Sein Blick wendet sich entspannt nach oben und der blaue Himmel durchflutet
für Sekunden seinen Geist. Er fühlt sich wach. Die Gedanken
beginnen diesen Tag zu ordnen.
Er hat nicht viel liegen gelassen, gestern. Der Kadaver war zerlegt
und selbst das Fell war schon zum Trocknen aufgehängt und von Fleischresten
befreit. Die Werkzeuge -- ja die Werkzeuge mussten repariert werden
und bei der letzten Jagd waren drei Pfeile verschwunden, wobei er daran
denken wollte, diesmal doch ein anderes Holz zu verwenden, da sie so
leicht abtrieben.
Das alles war nicht wenig, er denkt nach: "Ich beeile mich und
schärfe das Gerbmesser, dann mache ich drei Pfeilspitzen, dann
geh ich zu ihr zurück. Ich werde sie an mich drücken und wir
werden miteinander schlafen. Dann wird dieser Tag sehr gut sein."
Er denkt und er denkt....er handelt....er geht in die einige Schritte
entfernte andere Höhle. In einer Ecke kniet er sich auf den Boden
und tastet mit den Fingern den Erdboden ab. Hier ist es nicht sehr hell.
Er hält einige Steinstückchen in der Hand und geht ins Licht.
Sie sehen gut aus. Er läuft zu einem alten verdörrten Baum
am Rande des Plateaus, wo die Tierhäute hängen. Hier liegen
auch die zu Recht geschnittenen Fleischstücken in einem großen
Korb. Auf dem Boden ist überall Blut. Ein großer Stein ist
völlig von Blut verschmiert. Es ist der Schlacht- und Opferstein.
Neben ihm liegt sein Messer. Die Klinge ist aus einer Metalllegierung
und steckt in einem Griff aus hart gebundenem Leder. Er hebt sie auf,
sieht auf die Schneide und lässt vorsichtig seinen Daumen rüber
gleiten.
Sie ist rau.
Er sitzt draußen vor der Höhle auf dem Plateau und arbeitet.
Seine Sinne und Gedanken schweifen umher. Er hat Zeit und er fühlt
sich sehr wohl. Sein Leben ist so einfach und harmonisch.
Nach einer Stunde kommen langsam andere Menschen aus den Höhlen
und beginnen zu arbeiten. Jeder scheint eine Aufgabe zu haben. Sie reden
nicht miteinander. Ab und zu geben sie Laute von sich und gestikulieren
aufgeregt mit den Händen. Es reicht aus, um sich miteinander zu
verständigen.
Sie leben so einfach, sind Teil ihrer Umwelt. Sie jagten, sammelten
und arbeiteten mit Werkzeugen, die ihrer eigenen Erfindungsgabe entsprungen
waren. Sie genießen die Wärme der Sonnenstrahlen und aalen
sich in der Zeitlosigkeit ihres Daseins.
Er ist noch einmal zu ihr gegangen. Sie war schon wach und sammelte
gerade Fleisch und Knochenreste vom Höhlenboden auf. Er streichelt
ihr durch die Haare, sie lächelt ihn an. Ihr Gesicht ist roh, dennoch
erkennt man die Züge ihrer Weiblichkeit. Er drückt sie an
sich und gibt Töne des Wohlgefallens von sich. Sie spürt sofort
seinen härter werdenden Penis an ihrem Bauch, es vergehen nur noch
Sekunden, bis sie sich umdreht und er von hinten in sie eindringt.
Sie sind glücklich. Er verlässt entspannt die Höhle und
geht wieder an die Arbeit. Später werden sie gemeinsam nach Holz
suchen, wie auch alle Anderen der Höhlengemeinschaft. Sie werden
in den endlosen Wald eintauchen, der jeden Tag neue Wunder für
sie bereithielt. Jeder Tag ihres Lebens ist etwas völlig Neues,
etwas Geheimnisvolles. Jeder Tag regt ihre Gedanken und ihre Phantasie
zu geistigen Hochflügen an. Diese Welt fordert sie heraus. Niemand
von ihnen hält sich für die Vollendung der Schöpfung.
Sie stehen der Natur und ihren Gewalten mit Respekt gegenüber.
Der Begriff MENSCH ist noch nicht geprägt.
Sie leben ohne zu wissen und ohne zu wollen. Niemand will mehr als nötig,
niemand will alles für sich, niemand will der Natur ins Handwerk
pfuschen, niemand will besitzen.
Noch nicht.
Es muss doch alles sehr romantisch gewesen sein.
Damals, so als Höhlenmensch.
Ein Tag wie jeder andere. Er erfüllt seine Aufgaben, er genießt
die Wunder, er liebt ....er geht schlafen...
Ich steh auf
...1997
....meine Müdigkeit will mich nicht wach werden lassen. Meine innere
Uhr sagt mir, dass es Zeit ist aufzustehen aber mein Geist sträubt
sich einem neuen Tag entgegen zu sehen.
6°° Uhr früh, ich weiß genau, was ich heute alles
zutun habe. Die Kinder sind schon wach. Wie immer, sie spielen unüberhörbar
in ihrem Zimmer.
Ich muss meinen Körper zwingen hoch zu kommen. Frühstück
machen und dann geht´s auch schon los. Die Kinder müssen
in die Kita. Draußen ist wunderschönes Wetter, noch kalt
aber sonnig. Ein Ausflugstag, das wäre es. Ich verdränge diesen
Gedanken sofort wieder. Um 7°° muss ich bei der Arbeit sein.
Gerüstbau, d.h. schleppen, ackern bis man nachmittags wieder alle
Knochen spürt und die Müdigkeit jede Muskelfaser erreicht
hat.
Kein Gedanken an einen schönen Tag mit den Kindern. Warten aufs
Wochenende.
Mein Schatz nimmt mich noch mal kurz in die Arme, aber ich kann es kaum
noch genießen, da meine Gedanken schon unterwegs sind.
Ja, ich habe meine Aufgabe und das jeden Tag. Von morgens bis abends
im Dienst gesellschaftlicher Pflichten. Geld ranschaffen, denn das Leben
muss bezahlt werden.
Harmonie ist mir fremd, wir versuchen dennoch das Beste daraus zu machen.
Meine Zeit ist berechnet, die Zeit für meine Frau, die Zeit für
die Kinder, die Zeit für mich, für meine Kreativität,
sie steht weit im Hintergrund meiner gesellschaftlichen Bindungen.
Ich träume von gestern, ich träume von einem Dasein, wo ich
mich als natürlicher Mensch empfinden kann.
Das Leben ist schnell geworden, der tägliche Ablauf wird zur Monotonie.
Die wesentlichen Dinge meines Daseins sind mir nicht mehr voll bewusst.
Meine natürlichen Empfindungen sind von der marktwirtschaftlichen
Disziplin übernommen worden. Dieses unbeschwerte Glücksgefühl
aus der Kindheit einfach am Leben zu sein und den nächsten Tag
zu genießen ist schon längst von der materialistischen Identifikation
untergraben worden.
Im Grunde bin ich eher ständig unglücklich, denn ein positives
Gefühl entsteht nur noch, wenn ich die Bedingungen meines gesellschaftlichen
Daseins zur Genüge erfüllt habe. Miete zahlen, Strom zahlen,
Telefon zahlen, Auto zahlen,...zahlen,...zahlen, ...zahlen, es gehört
doch alles unabdingbar dazu ein Mensch zu sein.
Diese Gesellschaft hat mich völlig im Griff und bestimmt mein Glück,
doch sie ist nicht einmal in der Lage dazu, die Bedingungen dafür
zu erfüllen.
Ich muss zahlen, aber kann ich auch verdienen?
Ich will Kinder, aber habe ich überhaupt Zeit für sie?
Ich will lieben, aber schaffen meine Gefühle noch den Wechsel zwischen
Alltag und harmonischer Familie?
Wie war das noch?
Aufstehen, vor die Höhle treten, den Aufgaben entgegen sehen und
die Zeit genießen. Entdecken und sich entwickeln.
Ich stehe jeden morgen elektrisiert vor dem Spiegel und arbeite im Geiste
den Zeitplan meiner heutigen Pflichterfüllung ab. Abends steht
dann das Fazit, dass ich gerade die Dinge, die mir oder meiner Familie
zu Gute kommen, mal wieder vernachlässigen musste.
So ist das eben als normaler Mensch.
Die soziale Hysterie reißt uns alle mit und wir versuchen krampfhaft
das Maß aller Dinge zu finden. Das Maß unserer Pflichterfüllung,
das Maß unserer Genusssucht, wenn wir überhaupt noch in der
Lage dazu sind und nicht schon völlig den ökonomischen Systemen
unterworfen wurden.
Ist unser gesellschaftliches Leben wirklich soviel wertvoller, als ...ja.
als was denn? Wie war das denn nun wirklich, damals?
Der Mensch als Teil der Natur.
Irgendwie bleibt es dennoch verblüffend, dass die Menschheit etliche
Zehntausende von Jahren auf einem natürlichen Niveau existierte
und keine Anstalten machte die zivilisatorische Entwicklung voranzutreiben.
War es die mangelnde Intelligenz, aufgrund biologischer Tatsachen?
Oder war dieses Leben nicht eher so einfach und harmonisch, dass man
es tatsächlich als Glück beschreiben könnte?
Ich weiß es auch nicht.
Aber ich muss mich fragen, ob nicht letztendlich nur die Zeit zählt,
die ich zur Verfügung habe. Was ist mir wichtig?
Warum will ich leben?
Um gesellschaftliche Normen zu erfüllen? Um mich mit ökonomischen
Zielen zu identifizieren?
Die einfachen Dinge sind die meines Erachtens wertvolleren. Meine Kinder,
das ist einfach. Aus Liebe geboren, mit Liebe gemacht.
Und jetzt will ich mir Zeit für sie nehmen. Nicht alle Zeit, aber
mehr Zeit als man mir zugestehen will. Vor allem, sie sollen einmal
Zeit haben. Für sich selbst, für andere Menschen.
Geben wir unser eigentliches Dasein nicht einfach auf?
Schneller, höher, weiter. Wir haben die Erde zu einem Reagenzglas
gemacht, in dem wir selbst zu einem Versuch unter Laborbedingungen geworden
sind.
Der Besitzstand des Menschen ist absolut geworden, dieser Planet gehört
nur uns. Wir zeigen es bald auf jedem Quadratmeter. Und die gesellschaftlichen
Systeme, die wir geschaffen haben, haben jeden Einzelnen entmündigt.
Klont euch eure Babys, 5 Jahre Vollgarantie, Umtausch jederzeit möglich.
Die Armen dieser Welt werden durch eine neue Generation Klone ausgetauscht,
sie werden mit einem Zehntel der Nahrung eines Normalmenschen auskommen.
Alles ist möglich! Hurra !
Ich frage mich wirklich, wo sind wir hergekommen?
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