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DAS LOCH  
 

Es ist schon sehr eigenartig was einem so alles in einem Leben widerfahren kann, selbst wenn es auch noch recht kurz ist, denn ich bin gerade erst 14 Jahre alt.

Man kann die wundervollsten Menschen treffen, oder aber es begegnen einem die fiesesten Typen. Man kann auch besonderen, einmaligen Dingen begegnen, denen man erst einmal sprachlos gegenübersteht, wie z.B. einer Sonnenfinsternis, einem Meteoriten, oder man trifft durch Zufall einen Starfußballer, von dem man auch noch unvorhergesehen ein Autogramm ergattern kann.

Ja, das Leben hält so manche Überraschung parat.

Es gibt aber auch Überraschungen, für die man keine so rechte Erklärung finden kann. So eine Überraschung wurde für mich und meine Freunde zu einem Alptraum, obwohl es für uns Kinder anfangs überhaupt nicht so aussah.

Es begann an einem Sommertag, wie wir viele andere erlebt hatten. Es war heiß, trocken und staubig und ich und meine Freunde waren wie fast jeden Tag am Waldsee schwimmen.

Die meiste Zeit des Sommers waren wir am Wasser, erst wenn es Abend wurde, spielten viele der Dorfkinder noch zusammen Fußball, Einkriegen, Federball und was man sonst noch so alles machen kann, wie auch Verstecken. In unserem Dorf spielten immer alle Kinder zusammen, ob 4 oder 8, oder 12 oder 15 Jahre alt. Wir gehörten alle zusammen, wie eine große Familie. Wir Jungen hatten auch keine Probleme mit den Mädchen, wir machten da keine Unterschiede.

Der kleine Waldsee war nur ungefähr einen Kilometer von unserem Dorf entfernt. Im Dorf wohnten gerade nur 150 Familien in 117 Häusern. Es lag mitten in einem ausgedehnten Waldgebiet in einer Talebene, die von Norden und Süden durch Felswände eines Mittelgebirgszugs begrenzt wurde. Die Felswände ragten in Richtung Süden bis zu 600 Meter in den Himmel und waren die Ausläufer des dahinter liegenden Hochgebirges. Südlich waren die Bergwände nur zwei Kilometer Luftlinie vom Dorf entfernt. Wenn man auf ihrem Plateau war, konnte man weit über die bewaldete Talebene sehen, bis man im Norden, gut zwölf Kilometer entfernt, die Felswände auf der Nordseite des Tals erkennen konnte. Die Waldfläche um unser Dorf herum war zusammenhängend, nur im Westen und Osten wurde sie durch Felder und Viehweiden aufgerissen, die von hier oben, wie Löcher in einem grünen Meer aussahen. Für uns Kinder war die umliegende Gegend des Dorfes der wundervollste Spielplatz. Der Wald und die Berge boten uns die allerbesten und ausgefallensten Spielmöglichkeiten.

Um an den See zu kommen, mußte man am letzten Haus des Dorfes vorbei, dann einen Trampelpfad entlang, der quer durch den Wald verlief und der von Generationen von Kindern ausgetreten worden war. Es gab auch einen breiteren, befahrbaren Weg, doch der führte nicht direkt zum See und vor allem war er nicht so geheimnisvoll und verlief nicht quer durchs Gestrüpp des sehr dichten Waldes.

Der Wald war wundervoll, er war der beste Spielplatz, den man haben konnte. In den Waldsee mündete ein kleiner Fluß, der aus den naheliegenden Bergen kam, er war kaum vier Meter breit. Sein Wasser war immer verdammt kalt.

Bevor ich es vergesse, ich bin Svörje, ein Junge. Meine Freunde, die in dieser Geschichte eine Rolle spielten, waren Insa, meine erste Freundin, sie war so alt wie ich, also auch vierzehn und Lana ihre Schwester, sie war 12. Dann waren da noch meine besten Freunde, Göran, 15 (..er wurde bald 16) und Björn, er war 13 Jahre alt.

An diesem bestimmten Abend spielten wir zuerst mit noch vielen anderen Kindern unseres Dorfes Verstecken und Fangen. Später waren nur noch ich und meine engsten Freunde im Wald. Es war noch nicht so spät, vielleicht halb sieben und das ist im Sommer wie Nachmittags.

Wir hatten wie immer zwei Gruppen gebildet. Eine mußte suchen und die andere Gruppe konnte sich verstecken. Wir kannten die Gegend um den See herum wie unsere Westentaschen. Meistens spielten wir nur in der unmittelbaren Nähe des Sees, aber an diesem Tag hatte ich die Idee, daß wir in dem Gebiet, daß direkt an die schroffen Felswände der Berge grenzte, verstecken spielen. In der Nähe der steil heraufragenden Felswände lagen sehr viele große Felsen im Wald, die längst von Moosen, Flechten und auch von anderen Pflanzen überwachsen waren. Auf den Größten von ihnen standen sogar ausgewachsene Bäume.

Insa und ich durften uns verstecken und Lana, Björn und Göran mußten uns suchen. Die Felswände lagen kaum 1 Kilometer vom See entfernt, wenn wir rannten, brauchten wir nur 5 Minuten.

Wir hatten einen gewissen Vorsprung und schlichen uns vorsichtig durch den Wald, bis wir vor einer Steilwand standen, die wie eine Mauer gegen den Himmel ragte. Zuerst kletterten wir ein bißchen über die Geröllfelder an den Fuß der Felswand, sie war hier bestimmt dreihundert Meter hoch.

Da wir hier, in der unmittelbaren Nähe der Berge aufgewachsen waren, konnten wir ganz gut klettern, und selbst in den steilsten Wänden gibt es immer ein paar Nischen, über die man nach oben gelangt.

Insa kletterte voran, sie war sehr gut. Ich schob am Anfang ihren Po etwas nach oben, damit sie es leichter hat. Das war für mich auch gleich eine besondere Gelegenheit, denn so oft durfte ich ihren Po nicht berühren. Eigentlich brauchte Insa meine Hilfe beim Klettern nicht, eher ich ihre. Sie ging voran und gab mir von oben Tips, wie ich am Besten hinterher komme. Ich kletterte vorsichtig hinterher.

Wir hatten von unten einen kleinen Felsvorsprung gesehen, auf dem ein dicker Busch stand. Er lag ungefähr 10-12 Meter über uns. Wir hatten keine Angst vor dieser Höhe, obwohl es natürlich schon ziemlich gefährlich war.

Unsere Finger krallten sich in die kleinen, schroffen Felsausbuchtungen und wir stöhnten. Doch eigentlich kamen wir ganz gut nach oben.

Von hier oben konnten wir schon ein bißchen über den Wald hinaus sehen, er lag in der tiefer gelegenen Ebene. Die höchsten Bäume versperrten uns aber die Sicht bis hin zum Horizont.

Wir saßen eng nebeneinander auf dem kleinen Felsvorsprung, den man von unten nur schlecht einsehen konnte. Der Busch nahm fast die gesamte Fläche ein. Zum Glück hatte er keine Dornen. Wir waren uns sicher, daß sie uns hier oben nicht so schnell finden werden. Björn war jedoch genauso schlau wie wir und irgendwie hatte er geahnt, daß wir uns in der Felswand versteckten. Es dauerte jedenfalls nicht lange, bis wir von hier oben, die drei Anderen durch den Wald kommen sahen. Sie kamen direkt auf die Felswand zu und Björn blickte schon immer nach oben. Insa und ich drängelten uns hinter dem Busch zusammen, ich sagte ihr: "So ein Mist ! Die kommen schon, wir müssen uns noch besser verstecken."

Bis jetzt hatten sie uns noch nicht in der Felswand entdeckt, aber wir konnten uns nicht ganz unsichtbar machen.

Insa und ich konnten hier ja jetzt nicht mehr so schnell weg. Gerade beim runterklettern muß man sehr vorsichtig sein, denn es war ganz schön steil und rutschig. Wir überlegten, ob wir noch etwas höher klettern sollten. Aber über uns war nichts als die steile Felswand und wir waren auch wirklich schon hoch genug.

Unsere Freunde kamen immer näher.

Ich drückte den Busch etwas beiseite und versuchte nach vorne gebeugt an der Felswand herunterzusehen, wir waren beide aufgeregt. Wir liebten dieses Spiel, obwohl wir schon 14 waren, es war immer sehr spannend. Ich beugte mich ein bißchen nach vorne....noch ein bißchen, noch ein bißchen. Auf einmal bekam ich einen Schreck, plötzlich konnte ich mich nicht mehr so richtig halten und kippte fast nach vorne über. Ich sagte kurz: "Ah !"

Insa reagierte sofort, sie schnappte nach meinem T-shirt und zog mich schnell zurück. Ich hatte mich sofort am Busch festgekrallt und dabei ein paar Äste abgebrochen. Ich konnte mich sofort wieder fangen, zum Glück. Ich hatte Schweiß auf der Stirn, beinahe wäre ich abgestürzt.

Die anderen standen immer noch unten, sie hatten nichts davon mitbekommen.

Insa sagte: "Bist du verrückt...?!"

Ich sagte gar nichts und war bestimmt kreidebleich.

Wir drückten uns mit dem Rücken gegen die Felswand und hinter den Busch, dann sagte Insa: "Ey Svörje, hier ist eine Felsspalte."

Tatsächlich, hinter den abgebrochenen Ästen des Busches war eine mit Gras zugewachsene und leicht verschüttete, schmale Felsspalte in der Steilwand.

Da wollten wir rein. Wir rupften das Gras aus, drückten die Äste des Busches vorsichtig beiseite und buddelten den Boden weg. Die Spalte wurde deutlich größer. Wir blickten hinein, da drinnen war es stockdunkel, doch es sah so aus, als wenn dort ein etwas größerer Hohlraum wäre. Wir versuchten vorsichtig hinein zu schlüpfen.

Kurz bevor ich in der Felsspalte verschwinden konnte, hörte ich von unten, wie Lana rief: "Hey Jungs, ich glaube ich habe sie gesehen, sie sind da oben. Da oben hinter diesem Busch, seht ihr."

Ich ärgerte mich, denn es hatte nur ein kleiner Schritt gefehlt, bis wir in der Felsspalte verschwunden wären. Anscheinend hatten sie von unserer Buddelei irgend etwas mitbekommen. Aber noch waren sie sich nicht sicher, ob sie uns gesehen hatten, solange brauchten wir uns auch nicht ergeben. Insa und ich hockten lautlos in der Felsspalte und versuchten etwas von unten zu hören. Von hieraus konnten wir nicht sehen, was direkt unter uns am Fuß der Felswand passiert.

Aber solange sie da unten nicht flüsterten, konnte man hier drinnen alles bestens verstehen. Es war, als würden wir in einem Ohr sitzen, so deutlich konnte man sie verstehen. Ich hörte wie Björn rief: "Ich bin sicher, die sind da oben irgendwo. Wir müssen auch da hoch."

Lana sagte: "Das schaffe ich nicht, das ist zu steil für mich."

Björn: "Dann wartest du hier unten und wir klettern da hoch."

Björn und Göran kletterten nach oben.

Ich sagte zu Insa: "Wir müssen tiefer in die Felsspalte, sonst haben sie uns gleich entdeckt."

Insa und ich drehten uns um und blickten in einen dunklen Gang, der sehr schmal war und vor allem stockdunkel. Es sah so aus, als würde er in eine Höhle führen. Wir krochen auf dem Bauch liegend ein bißchen hinein. Uns war ganz schön mulmig, denn es war echt stockfinster. Wir tasteten uns voran. Nachdem unsere Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten konnten wir etwas besser sehen, erkennen konnten wir jedoch nichts. Anscheinend führte die Felsspalte in eine Höhle, hinter uns wurde das Licht immer kleiner, doch vor uns konnten wir schon wieder etwas Helles entdecken, anscheinend war da schon ein Ausgang. Nach ein paar Metern auf dem Bauch merkten wir, daß wir hier schon stehen konnten. Wir standen auf und liefen Hand in Hand durch den Tunnel. Noch immer konnten wir die Stimmen der Anderen hören. Björn rief schon: "Hey ihr Beiden, wenn ihr da oben seit, müßt ihr euch ergeben, wir kommen hier ja gar nicht hoch...!

Zum Licht hin wurde der Gang wieder enger und er führte etwas nach oben, wir mußten uns bücken. Wir krabbelten auf allen Vieren und kletterten aus einer anderen Felsspalte wieder heraus. Wir waren durch einen Tunnel gegangen, der ungefähr 20 Meter lang sein konnte. Plötzlich standen wir in einer kleinen Schlucht.

Vor uns lag ein wundervoller Garten, überall wuchs hohes Gras, dazwischen bunte Blumen, dicke Büsche und einige hohe Bäume. Wir blickten uns erstaunt um, in diesem Tal war es auffällig frisch und feucht, die Luft duftete nach Moos und Blüten. Wir blickten nach oben, denn das Licht war deutlich schwächer als vor der Felswand, das kam daher, daß das Tal nur ungefähr 130 Meter breit war und durch mindestens zweihundert Meter, steil nach oben ragende Felswände begrenzt wurde.

Insa sagte: "Wo sind wir denn hier ? Das ist ja schön."

Ich war auch sehr erstaunt. Das Tal hatte einen fast runde Form und wurde von schroffen, bemoosten Felswänden eingegrenzt, die nach oben hin nur einen Heißluftballon großen Ausschnitt des Himmels zeigten. Trotz der steilen Wände war es hier unten nicht übermäßig schattig, die Sonnenstrahlen reflektierten an den Felswänden und erreichten so den Talboden, dadurch war hier unten ein kleines pflanzliches Paradies entstanden. Die Vögel zwitscherten und es war feuchtwarm, direkt über dem Talkessel stand eine kleine Wolke hoch am Himmel und schaute uns zu.

Ich sagte: "Das müssen wir den Anderen zeigen. Dieses Tal wird unser neuer Treffpunkt. Ich habe noch nie etwas davon gehört. Vielleicht hat es noch niemals jemand entdeckt."

Insa und ich starrten uns sprachlos an. Wir liefen durch die teilweise mannshohen Gräser zur Mitte des Tals. Ich hatte mal etwas über Vulkane gelesen und sagte Insa, daß das hier vielleicht ein alter Vulkankrater war. Das Tal war rund und wenn man den Himmel sehen wollte mußte man direkt nach oben schauen.

Um vorwärts zukommen mußten wir uns durch Gräser und Blumen kämpfen, die höher als wir selber waren. Wir konnten nur einen Meter weit sehen. Vor uns standen ein paar große Laubbäume, auf die liefen wir zu. Unter dem Dach ihrer Baumkronen wurden die Gräser niedriger und wir konnten durch die vereinzelt stehenden Bäume einen kleinen See erkennen, der höchstens Zwanzig Meter Durchmesser hatte. Er lag direkt an der Felswand, an der gegenüber liegenden Seite des Talkessels.

Insa und mir gingen die Anderen durch den Kopf. Ich fragte mich, ob sie den Eingang schon gefunden hatten. Wir wollten ihnen auf jeden Fall gleich Bescheid sagen.

Hinter den fünf Laubbäumen, die hier so ziemlich in der Mitte standen, lag eine saftige Wiese, die bis an den See führte. Es war ein perfektes Miniaturtal, etwas Kleineres hatte ich noch nicht gesehen. Für mich war es seit dem ersten Augenblick, wie eine große Wohnung. Wir brauchten hier nur in einem der fünf großen Bäume ein Baumhaus bauen, ein besseren Ort konnte es nicht geben. Insa und ich waren aufgeregt, in dem See war glasklares Wasser und man konnte seinen Grund nicht mehr erkennen, das Wasser war kühl.

Insa sagte: "Das ist doch phantastisch. Ich glaube hier war lange Zeit kein einziger Mensch. Findest du nicht auch, daß es absolut unberührt aussieht ?"

Ich nickte zustimmend. In diesem kleinen Tal hatte alles seinen Platz, kurze grüne Wiese, hohes Gras, eine Ansammlung von Büschen, die fünf Bäume und überall verteilten sich Blumen und Kräuter. Auf der Seite wo der See lag, war es deutlich kühler. Diese Seite lag den ganzen Tag im Schatten. Da die Felswände relativ hoch waren, fielen wahrscheinlich nur über Mittag, die Sonnenstrahlen direkt auf den Talboden.

Insa drängelte, wir sollten jetzt die Anderen holen. Wir rannten zurück und kletterten wieder durch den Schacht.

Die losen Äste von dem Busch lagen noch am gleichen Ort und verdeckten den Eingang. Unsere Freunde hatten es noch nicht entdeckt. Wir hörten sie schon im Tunnel, sie riefen lauthals nach uns. Insa kletterte aus der Felsspalte und stellte sich auf die Plattform, so daß die Anderen sie von unten sehen konnten. Ich konnte mich nicht neben sie stellen, denn dafür war der Felsvorsprung zu klein. Ich hockte hinter dem Busch, noch halb in der Felsspalte.

Insa rief: "Hier sind wir, ...hier oben." Sie winkte.

Göran schrie nach oben: "Habt ihr ´ne Macke, wo wart ihr ? Wißt ihr wie lange ihr weg wart ? Über eine halbe Stunde. Wir müssen nach Hause."

Insa und ich hatten völlig die Zeit vergessen. Insa sagte: "Scheiße, wir müssen abhauen." Sie rief den Anderen zu: "Wir kommen runter." Sie kletterte los und ich kroch aus der Spalte. Ich legte die Äste wieder geschickt davor.

Björn rief von unten: "Paßt bloß auf. Wie seid ihr da überhaupt hoch gekommen?"

Er hatte nicht unrecht. Ich merkte schnell, daß es bei weitem nicht so einfach war, hier wieder runterzukommen. Insa war wie immer schnell unten. Irgendwie hatte sie ein Talent zum klettern. Ich mußte aber gut aufpassen, denn ich war nicht so sicher wie sie.

Als wir unten waren erzählten wir den anderen von unserer Entdeckung.

Ich sagte: "Wir müssen morgen sofort wieder her. Wir werden Seile mitnehmen. Ihr werdet sehen, daß ist das absolut beste Versteck, daß wir je hatten. Es kann unser Hauptlager werden. Die anderen aus dem Dorf werden uns nie finden."

Insa erzählte wie eng die Felsspalte war, durch die wir kriechen mußten. Göran wollte uns das alles nicht abnehmen, aber er mußte zugeben, daß wir nicht auf dem Felsvorsprung waren, denn er war zumindest so weit hoch geklettert, daß er alles einsehen konnte, doch er hatte den Eingang nicht erkannt.

Insa und ich gingen an diesem Abend mit aufregenden Gedanken ins Bett. Ich malte alles so auf, wie ich es gesehen hatte. Dann versuchte ich mich an die Bäume zu erinnern und zeichnete Baumhäuser in ihre Kronen. Ich konnte es kaum erwarten Morgen wieder dahin zu gehen.

Aber wie sollte es auch anders sein, am nächsten Tag hatten wir Regen. Als ich mit Göran, Björn und Insa im Schulbus nach Hause fuhren, verabredeten wir uns trotzdem für den Nachmittag. Wir wollten auf keinen Fall noch einen Tag warten. Göran und Björn sollten das Tal sehen.

Der Tag hatte mit Regen angefangen und er wollte wohl auch mit Regen aufhören. Jedenfalls Nachmittags um vier, war es so dunkel wie abends um neun und es regnete immer noch. Wir wanderten in Ruhe zur Felswand. Insa hatte vorsichtshalber ein Seil mit genommen.

An der Felswand mußten wir erst einmal die Stelle mit dem Felsvorsprung suchen. Insa entdeckte ihn. Sie sollte als erste hoch steigen. Sie war selbst besser als Göran. Sie mußte vorsichtig sein, denn von oben lief überall Wasser herab und die Wand war jetzt naß und glitschig.

Sie war kaum drei Meter hoch, da rutschte sie ab und schrammte sich die Hände und ihr Bein auf. Sie konnte sich auch nicht mehr mit den Fingern festhalten. Wir mußten aufgeben.

Göran versuchte es noch einmal, aber auch er kam nicht höher, denn über den drei Metern wurde es erst richtig schwierig, aber wer da ohne Seil abstürzte, konnte sich das Genick brechen. Wir überlegten noch, ob wir das Seil nicht irgendwie einsetzen könnten, doch dazu müßten wir erst einmal oben sein.

Leider mußten wir umkehren, doch wir schmiedeten schon Pläne und zählten alle Dinge auf, die wir hier brauchen würden. Morgen fing das Wochenende an und das Wetter sollte wieder besser werden. Das bedeutete, daß wir Morgen nur kurz zur Schule brauchten.

Insa sagte, daß sie von ihrem Vater Felshaken mitbringt, an denen wir dann ein Sicherungsseil befestigen können.

Am liebsten wäre ich schon am Morgen zur Felswand gelaufen. Jedenfalls sprang ich nach dem Aufstehen sofort ans Fenster. Irgend jemand hatte sich tatsächlich die Mühe gemacht die Regenwolken zu beseitigen, das waren gute Aussichten.

Schon auf dem Schulweg haben wir uns alle noch einmal gegenseitig überprüft, ob wir an alles gedacht haben.

Dann kamen vier schreckliche Stunden des Abwartens, bis der Unterricht vorbei war. Ich habe an alles mögliche gedacht, aber nicht an den Unterricht.

Endlich war es soweit, wir wurden wieder in die Freiheit entlassen und raus.

Zuhause zu Mittagessen und dann sollte es los gehen. Insa brachte auch wieder ihre Schwester Lana mit.

Lana war irgendwie unser Anhängsel, aber sie gehörte zu uns. Wenn sie auch die Jüngste war, sie machte alles mit uns mit.

Wir trafen uns am See. Jeder hatte einen Rucksack, doch das meiste schleppte Insa und Lana. Etliche Seile und Haken und außerdem noch Werkzeug. Göran hatte den Proviant. Ich brachte Werkzeug, eine Lampe, Nägel, einen Kocher und drei Dosen Ravioli.

Björn trug auf seinem Rücken einen riesigen Wulst aus zusammengerollten Decken. Er hatte auch eine große Plastikplane, die wir als Regenschutz gebrauchen wollten. Außerdem hatte er einen Akkuschrauber, eine Axt und jede Menge Schrauben in einem Koffer, den er schleppte.

Ich sah wie ein Strom von Schweißperlen von seiner Stirn über sein Gesicht rollte. Er mußte am weitesten hierher laufen.

Wir waren uns alle einig, daß wir auf Nummer sicher gehen mußten. Niemand von den anderen Dorfkindern sollte uns folgen. Bisher hatte keiner von uns etwas erzählt, daß hatten wir uns geschworen. Doch in einem so kleinen Dorf macht man sich schon verdächtig, wenn man bei einer Frage wie zum Beispiel: "Kommst du Heute mit an den See ?" ...so eine Antwort gibt: "Nein, ich habe heute etwas anderes vor."

Eigentlich gehörten wir Dorfkinder ja alle zusammen, aber es gab auch so etwas wie eine Klickenwirtschaft. Die Besetzung wechselte nicht selten täglich, wie das eben so ist.

Insa, Lana, Björn, Göran und ich waren nun schon fast ein Jahr zusammen und wir verstanden uns gut. Wir gehörten auch zu den Ältesten unter den Kindern des Dorfes, außer Lana. Wir waren eine schlagkräftige Mannschaft.

Wir hatten alles vorbereitet und trafen uns schon eine Stunde nach Schulende am See. Bevor wir von hieraus aufbrachen, verhielten wir uns möglichst unauffällig mit unserem Gepäck. Sollte uns jemand fragen, dann gehen wir nur zelten. Nichts anderes, nur zelten.

Noch war es am See nicht voll. Aber in ein paar Minuten würden alle Dorfkinder hier sein. Wir mußten sofort aufbrechen.

Es war ja eigentlich nicht soweit, was sind schon zwei Kilometer aber mit dem Gepäck schien der Weg länger zu werden. Uns folgte niemand.

Endlich waren wir an den Geröllfeldern zu Füßen der Felswand und konnten alles hinschmeißen. Aber wenn wir erstmal oben sein werden, dann werden wir auch noch alles nach oben schaffen müssen.

Insa war sich sicher, daß sie Heute wieder ohne Probleme bis auf den Felsvorsprung klettern kann. Ich wollte aber, daß sie ihre Felshaken benutzt und ganz sicher hoch klettert. Wir stritten uns kurz und sie kletterte freihändig. Leider konnte ich mich nicht immer bei ihr durchsetzen.

Sie hatte zum Glück keine Probleme, aber von hier unten sah es ganz schön hoch aus. Sie war mutig, aber es war eigentlich auch ganz schön blöd von ihr, denn wer hier abstürzte konnte ums Leben kommen.

Sie hatte ein dünnes Seil mit nach oben genommen und ließ es herunter. Dann schlug sie oben mehrere Haken in die Felswand und auf den Boden des Felsvorsprungs.

Ich habe dann ein dickes Seil an dem Dünnen festgebunden und Insa zog es damit nach oben. Sie befestigte das Seil an den Haken und wir vier hier unten, hängten uns alle auf einmal daran, um zu prüfen, ob es wirklich fest ist.

Ich rief nach oben: "Alles okay ! Wir kommen hoch."

Alles war abgesprochen und klappte perfekt. Göran war der Nächste, der am Seil hochkletterte, dann ich. Björn sollte unten bleiben und das Gepäck ans Seil binden.

Lana wurde zusätzlich an ein anderes Sicherungsseil gebunden und auch sie kletterte tatsächlich alleine langsam hoch. Insa mußte sie doppelt sichern, denn ihre Mutter hätte sie umgebracht, wenn ihrer Schwester was passieren würde.

Alles was wir machten war gefährlich und recht leichtsinnig. Insas Vater war Bergsteiger, hätte er uns ungesichert diese Feldwand hoch klettern sehen, wäre er wohl sehr böse geworden. Gerade Insa wußte genau, was man darf und nicht darf.

Aber wir wollten alle da hoch, koste es was es will.

Als Lana oben war, mußten wir ein kompliziertes Manöver machen. Auf dem Felsvorsprung war ja nicht für alle Platz. Göran und ich hatten Lana nur die letzten drei Meter im Sitzen etwas hochgezogen, an dieser Stelle war es besonders schwer, aber sie hätte es wahrscheinlich auch ohne unsere Hilfe geschafft. Insa war schon im Tunnel. Lana mußte vorsichtig über uns rüber klettern. Dann kletterte sie auch in die Felsspalte.

Insa und Lana warteten jetzt noch auf das erste Gepäckstück und dann krochen sie durch den Tunnel in das Tal. Der finstere schmale Gang war vielleicht zwanzig Meter lang und führte deutlich nach oben. Hier drinnen war noch alles naß. Es war rutschig. Die Rucksäcke durften nicht so voll sein, sonst blieben sie stecken.

Als Insa ins Tal kam freute sie sich, daß alles unverändert war. Und ihre Schwester staunte nicht schlecht. Die beiden kletterten aber sofort wieder zurück und holten die nächsten Gepäckstücke.

Als letzter kam Björn hochgeklettert und dann zogen wir das Seil nach oben. Niemand sollte uns folgen.

Endlich war ich wieder hier. Als Göran und Björn ins Tal kamen waren sie überrascht, denn wir hatten sie nicht belogen, es war ein kleines Paradies.

Göran: "Das ist ja irre Mann. Das sieht ja aus wie ein Dschungel."

Von hieraus konnte man noch nicht viel sehen, da einem Büsche und hohe Gräser die Sicht versperrten, doch wir machten uns gleich auf den Weg zu den fünf Bäumen. Dort wollten wir unser Lager aufschlagen und ein Baumhaus bauen.

Wir suchten uns dicke Äste und zersägten sie in einzelne Stückchen, die wir dann wie eine Leiter an den Baum nageln wollten. Insa hatte ein Seil über einen der dicken unteren Äste geworfen und wieder nach unten gezogen. Daran konnten wir uns sichern. Sie wurde ans Seil gebunden und nagelte Stufe für Stufe die sechs Meter hohe Leiter an den Stamm einer knorrigen Eiche. Wir Jungs hielten das Seil straff, denn sie hatte ja noch keinen Halt. Endlich war sie auf dem unteren dicken ausladenden Ast. Heute würden wir das Haus noch nicht bauen können, denn wir brauchten noch Bretter oder Lange Äste. Insa konnte aber da oben schon mal alles vorbereiten und vor allem konnten sie den Ausblick prüfen.

Insa rief nach unten: "Das ist Klasse hier oben, den Baum nehmen wir. Von hieraus können wir den See sehen, aber auch den Eingang."

Wir waren alle froh und kletterten auch nach oben, nachdem Göran eine stabile Leiter genagelt hatte.

Ich sagte: "Wenn wir hier oben, in dieser Baumkrone eine Plattform festmachen wollen, dann müssen wir uns was einfallen lasen."

Wir würden lange Bretter brauchen, doch die bekamen wir niemals durch den Tunnel. Aber immerhin konnten wir uns jetzt schon mal gut in die Astgabeln setzen. Wir genossen den Ausblick und beratschlagten uns, was wir als Nächstes machen werden.

Lana fragte: "Wart ihr schon in dem See schwimmen ? Der sieht ja aus wie ein kleines Schwimmbecken."

Ich: "Nein, aber wir gehen gleich mal hin, der See scheint ziemlich tief zu sein."

Wir waren uns einig, daß wir für ein Baumhaus noch mehr Materialien brauchen würden. Görans Vater hatte eine kleine Baufirma und er dachte daran Gerüststangen hierher zu schleppen, die würden wir durch den Tunnel bekommen und wir könnten sie hier oben so zusammenschrauben, das wir nur kleine Bretter als Boden brauchen würden. Ein Dach war schnell aus langen Ästen und einer Plane gebaut. Der Boden war das Schwierigste.

Wir stimmten seiner Idee zu, obwohl wir noch nicht ahnten, was das für eine Schlepperei bedeuten würde.

Wir kletterten runter und liefen zum, See.

Die Wiese zwischen den Bäumen und dem See stand gut 20 Zentimeter hoch, sie war weich und glitschig. Wir hatten unsere Schuhe ausgezogen und es war ein angenehmes Gefühl. Der See war kalt. Björn, Lana und Göran staunten nicht schlecht, als sie durch sein klares Wasser sahen und keinen Grund entdecken konnten. Gleich am Ufer schien der Boden steil abzufallen. Natürlich wollten wir da rein und wir brauchten keine Minute bis wir im Wasser waren. Es war absolut erfrischend. Wir konnten alle gut schwimmen und in diesem verhältnismäßig kleinen Loch konnte man mit ein paar Schwimmzügen ans gegenüberliegende Ufer kommen.

Wir schwammen erst einmal an die Felswand gegenüber. Das war super. Von hieraus hatte man einen völlig anderen Einblick in das Tal. Wir krallten uns an der Felswand fest und Björn sagte: "Das ist die beste Entdeckung, die wir jemals gemacht haben, Leute. Das hier, das ist unser Reich. Niemand wird es finden....Überlegt mal, wenn wir mit den anderen Jagen spielen, sie werden uns tagelang suchen. Hahaha..." Er lachte laut los.

Göran sagte: "Meint ihr, daß hier überhaupt schon mal Menschen waren ?"

Ich antwortete fest überzeugt: "Hier war noch niemand, sonst würden wir ja hier irgend etwas finden."

Insa: "Wir haben ja noch gar nicht alles durchsucht, vielleicht finden wir hier ja was."

Lana: "Vielleicht finden wir was aus der Steinzeit, so wie in dem Buch Insa, weißt du, was du mir geborgt hast."

Insa und Lana hatten viele Bücher über Berge und Höhlen und über die Geschichte der Menschen. Auch Lana wußte, was Archäologen sind und was die so alles aus der Vergangenheit der Menschheit ausgraben.

Insa: "Du meinst bestimmt so was wie Tongefäße, Pfeilspitzen und Wandmalereien. Könnte sein, aber es könnte auch sein, daß hier noch nie ein Mensch war. Die Felsspalte war total zugewachsen und auch ein bißchen mit Erde bedeckt. Vielleicht war vor uns noch niemand hier."

Björn: "Ist das nicht abgefahren, daß wir das Tal hier gefunden haben. Wenn wir es nicht wollen, dann findet uns hier niemand. Wir müssen alle schwören, daß wir es niemals verraten werden."

Insa: "Er hat Recht. Wer unser Geheimnis verrät, erhält die Höchststrafe und er wird aus der Klicke ausgestoßen."

Ich sagte: "Na Insa, dann mußt du ja gut auf dich aufpassen." Ich lachte und die Anderen auch, denn alle wußten, daß gerade Insa kaum ein Geheimnis für sich behalten konnte.

Göran sagte: "Los, laßt uns zurück das Tal erkunden." Er stieß sich vom Felsen ab und tauchte. Wir warteten und warteten und warteten, bis er am anderen Ufer wieder auftauchte. Er rief rüber: "Der See ist verdammt tief."

Wir schwammen alle wieder zurück ans Ufer und zogen uns an. Dann erkundeten wir ausgiebig das kleine Tal. Wie gesagt, es hatte gerade 130 Meter Durchmesser, doch es gab so was wie unterschiedliche Regionen.

Am Eingang war das Tal nur mit hohen Gräsern und ein paar kümmerlichen Erlen bewachsen. Fast in der Mitte standen die fünf großen Laubbäume in einer Gruppe, zwischen ihnen war es duster und es wuchsen nur ein paar Gräser am Boden, sonst lag überall vermodertes Laub. Rechts neben dem See standen kaum zu durchdringende Büsche, links von ihm hohes Schilf und ein paar junge Birken. Zwischen den großen Bäumen und dem kleinen See lag eine Wiese, die voller kleiner bunter Blumen war. Sie reichte direkt bis an den See.

Wie liefen einmal an der Felswand entlang, so gut es ging und jeder versuchte irgend etwas zu entdecken. Niemand wußte eigentlich, was er entdecken wollte, es gab auch keinen Anhaltspunkt. Hier gab es nur Pflanzen und sonst nichts. Es war halt sehr schön und idyllisch.

Irgendwie hofften wir Hinweise darauf zu finden, ob hier schon vor uns jemand war, vielleicht eine alte Cola Dose, Plastik, irgendwelchen Müll, doch wo wir auch hinsahen, alles war unberührt. Die Büsche konnten wir nicht so einfach durchqueren, doch der Streifen war auch nur gut zehn Meter breit, bis sich hinter ihm die Felswand auftürmte. Es sah nicht so aus, als würde sich zwischen ihnen ein Geheimnis verbergen.

Am gemütlichsten war es auf der Wiese direkt am See. Hier konnte man sich austoben. Wir spielten Frisbee und wir wollten auf jeden Fall beim nächsten Mal einen Ball mitbringen.

Eins war jetzt schon klar, die nächsten Wochen würden wir hier zu finden sein, oder besser ausgedrückt, nicht zu finden sein. Das war unser Tal.

Ab jetzt waren wir jeden Tag in unserem Tal und man sollte es kaum glauben, auch Insa hielt dicht. Mit jedem Tag waren wir mehr begeistert und unser Baumhaus wuchs.

Wir hatten es tatsächlich geschafft Gerüstbaurohre und einige kleinere Bretter durch den schmalen Höhlengang ins Tal zu bringen.

Immer wenn wir aus der Höhle ins Tal kamen, erwartete uns der gleiche unverkennbare blumige Duft und das Vogelgezwitscher, was zwischen den Felswänden lauter als im Wald schallte.

Heute hatten wir uns etwas ganz besonderes vorgenommen. Wir hatten einen Ball mit ins Tal gebracht und wir wollten auf der Butterweichen Wiese ein kleines Fußballspiel abhalten. Wir hatten eine alte Sense vom Bauern mitgebracht und mähten uns ein Spielfeld. Die Wiese war zwar immer noch 10 Zentimeter hoch, aber gut bespielbar und weich wie ein Schafsfell.

Natürlich waren wir nur zu fünft, wie immer in letzter Zeit, aber wir wollten auf keinen Fall noch andere Kinder mit hierher bringen. Natürlich war es immer eine Verlockung, wenn wir mit anderen Freunden aus der Schule zusammen waren, daß wir ihnen etwas über unser Tal erzählen wollten. Aber noch hielten wir uns an unseren Schwur.

Die anderen Kinder waren bisher noch nicht mißtrauisch geworden, obwohl sie sich bestimmt schon ihre Gedanken machten, warum wir immer im Wald verschwanden und nicht am See oder auf dem Fußballplatz erschienen.

Noch fragte niemand, was sich bald ändern sollte.

Heute war es genauso warm, wie an den anderen letzten Tagen. Im Tal war es schwül, doch es war etwas kühler, denn die Felswände kühlten die Luft hier unten.

Insa und ich spielten gegen Göran und Björn, Lana war im Tor. Wir jagten über die saftige Wiese und wir waren völlig außer Atem. Ab und zu flog der Ball in den See und wir freuten uns, daß wir ins Wasser mußten, um ihn herauszuholen. Wenn er in die Büsche flog, ärgerten wir uns, denn dort kamen wir kaum durch. Sie hatten teilweise Dornen und sehr zähe Äste.

Das Spiel lief nicht schlecht für mich und Insa, wir führten 4 zu 3. Lana war gut im Tor, wir spielten schon eine halbe Stunde und nur 7 Tore waren gefallen. Lana hatte vorgestern Geburtstag und war dreizehn geworden, sie war eigentlich völlig anders als Insa. Ihre blonden Haare waren wesentlich heller und mit Locken, außerdem war Lana zierlicher. Insa hingegen war zwar unverkennbar ein Mädchen, aber Lana war irgendwie noch mehr Mädchen. Wenn man sie so sah, hätte man ihr nie zugetraut, daß sie sich mit uns rumtrieb. Insa trug nur Hosen, Lana fast ausschließlich Kleider oder Röcke. Insa trug ihre glatten blonden Haare immer offen, Lana hatte immer irgendwelche Zöpfe mit Schleifchen und Bändern in den Haaren.

Lana war sich dennoch für nichts zu schade, sie war einfach ein guter Kumpel.

Björn hatte sich in sie verliebt, daß hatte er mir jedenfalls vor Kurzem gestanden.

Ich schoß wieder Mal ziemlich hart aufs Tor und der Ball klatschte auf Lanas nackten Schenkel, denn sie trug nur ihren Badeanzug. Ich dachte schon das Schlimmste, doch sie zuckte nicht einmal mit der Wimper und der Ball prallte weit von ihr ab, genau vor die Füße von Insa, die sofort noch einmal aufs Tor schoß. Noch bevor ich alles kapierte hatte Lana den Ball schon wieder mit dem Fuß abgehalten und weit weggeschossen. Das war eine Glanzparade, der Ball flog und flog und ich rannte hinterher.

Aber nicht nur ich, natürlich auch Göran. Der Ball trumpfte noch einmal am Rand der Wiese auf und hopste entschlossen ins Schilf. Göran hastete hinterher. Ich rief: "Paß auf, da ist Wasser." Es war ihm eh egal, er wollte den Ball. Ich auch und ich watete auf ihn zu. Der Boden war sumpfig aber man konnte auf ihm gehen, ohne tiefer einzusacken.

Göran angelte den Ball und warf ihn dann plötzlich zurück zur Wiese. Ich war jetzt viel näher dran und stürmte auf ihn zu. Ich legte ihn mir geschickt vor und wollte zu Insa flanken.

Irgendwie machte ich es viel zu hastig und kloppte voll mit meinem nackten rechten Fuß in die Wiese. Der Schmerz stieg mir sofort in den Kopf.

Hier war keine weiche Wiese, ...genau hier lag etwas hartes, etwas sehr hartes, ich schrie sofort laut auf und ließ mich ins Gras fallen. Die anderen kamen zu mir gerannt. Ich saß im Gras und mein Fuß blutete. Insa sagte: "Au Scheiße, du hast dir ja wehgetan."

Ich konnte nur mit verkniffenen Mund zustimmend nicken.

Göran sah sich sofort die Wunde an und meinte: "Beweg doch mal die Zehen, ob sie gebrochen sind ?"

Gute Aussichten dachte ich mir. Lana sagte: "Da muß irgendwo ein Stein im Gras liegen."

"Anscheinend der einzige Stein auf der ganzen Wiese", gab Björn zu bedenken und wir mußten lachen. Tatsächlich war die Wiese ansonsten weich wie ein Federbett und man spürte nicht ein Körnchen unter seinen Füßen.

Nach näherer Begutachtung der Wunde, konnten wir feststellen, daß ich mir einen kleineren Hautfetzen von meinen äußeren Zehen abgeschubbert hatte. Alles nicht so schlimm, wenn es auch wehtat.

Aber ich wollte wissen, was mich so verletzt hatte. Dieser Stein hatte es in sich und mußte beseitigt werden, bevor wir das nächste Mal dagegen laufen.

Es brauchte ein Weile, bis Lana dann rief: "Ich habe ihn, hier ist es."

Wir rannten alle zu ihr und fühlten im Gras. Zu sehen war jedenfalls nichts, doch Lana entfernte gezielt ein bißchen Gras und Erde und wir entdeckten eine eckige, harte Kante, die vielleicht drei Zentimeter unter dem Boden lag. Es sah nicht aus wie ein Stein, es war hell und erinnerte eher an Metall.

Wir kratzten und buddelten sofort weiter.

Erst nur der Kante entlang, sie verlief knapp 20 Zentimeter, bis sie dann im rechten Winkel abbog. Dann gruben wir an einer Seitenfläche, die tiefer im Boden steckte und schräg abfiel. Björn rupfte währenddessen immer mehr Gras aus und wir stießen auf die obere quadratische Fläche dieses kantigen Objekts.

Es war wie ein Fieber. Während wir im ersten Augenblick nur erstaunt waren, so hatten wir jetzt alle Schweißperlen auf der Stirn und jeder dachte an etwas anderes, doch alle ahnten, daß wir etwas besonderes gefunden hatten.

Wir brauchten kaum fünf Minuten, bis uns allen klar war, was wir hier vorgefunden haben. Also, so richtig klar war es uns noch nicht, aber wir hatten eine silbergraue, quadratische, stumpfe Pyramide ausgegraben. Sie war 60 Zentimeter hoch und hatte die gleiche Länge an ihren vier Grundkanten. Die oberen Kanten waren genau 20 Zentimeter lang, was wir jedoch erst später feststellen sollten. Ihre Oberfläche war aalglatt, optisch jedoch stumpf oder matt. Auf ihren Seitenflächen waren Zeichen oder Linien, die anscheinend aus einem anderen Material waren, sie waren schwarz und dunkelrot. Die Linien waren unterschiedlich angeordnet und verliefen quer über ihre vier schrägen Seiten. Insgesamt gab es 33. Auf einer Seite 3 x 3, also 9, dann 3+3+2, also 8, dann 6, strahlenförmig von unten nach oben und dann noch 10, relativ ungeordnet, auf der vierten Seite.

In der Mitte der oberen, quadratischen Fläche war ein schwarzer runder Kreis, der zuerst wie ein Loch aussah, doch man konnte nicht reinfassen.

Wir probierten natürlich auch die Unterseite frei zu graben, doch unter ihr war nur Erde und wir gruben nicht weiter. Als wir versuchten sie anzuheben und umzudrehen, mußten wir feststellen, daß wir es auch zu viert nicht schafften, die Pyramide zu bewegen. Nach einigen anstrengenden Versuchen, wir hatten schon rund um die Pyramide alle Erde weggebuddelt, gelang es uns, sie einen Hauch zu verschieben, dachten wir jedenfalls.

Uns war klar, daß sie nirgends befestigt sein konnte, doch wir hatten anfangs nicht gedacht, daß sie bei ihrer Größe so schwer sein könnte.

Wir waren hellauf begeistert und machten uns so unsere Gedanken. Was hatten wir da bloß gefunden ? Niemand hatte eine Erklärung, die halbwegs zu verstehen gewesen wäre. Und um so mehr wir überlegten, um so mehr phantasierten wir über Sinn und Zweck dieser Pyramide.

Sie sah wirklich gut aus. Wie neu. Nirgends ein Kratzer und anscheinend brauchte man sie nicht einmal abzuwaschen um ihren matten Glanz wiederherzustellen. Die schwarzen und dunkelroten dünnen Linien auf ihren Seiten waren mehr als geheimnisvoll. Es sah auf Anhieb so aus, als würden sie eine Bedeutung haben. Doch welche ?

Insa war sich jetzt schon sicher, daß wir in die Zeitung kommen, sie sagte: "Das Ding ist aus einer anderen Welt. Das ist nicht von unserem Planeten."

Wir lachten. Keiner glaubte daran, wenn wir auch gerne daran dachten. Es könnte etwas sehr Altes sein, aus der Vergangenheit der Menschheit.

Es sah auf seine Art sehr perfekt aus, wer dieses Ding auch hergestellt hatte, er mußte ordentliche Werkzeuge besessen haben. Die Pyramide war absolut präzise und sie roch förmlich nach einem Geheimnis.

Auf jeden Fall war sie sehr anziehend, denn wir mußten sie immer wieder berühren. Ihre Oberfläche war warm und angenehm glatt. Wenn man mit den Fingerspitzen über ihre Seiten strich, spürte man an den Linien nicht die zarteste Erhebung oder Vertiefung. Der schwarze Punkt, sah aus wie ein Loch und irgendwie hatten wir das Gefühl, man müßte in die Pyramide hineingucken können. Der fünf Zentimeter große Punkt war zwar schwarz, aber an der Oberfläche könnte er auch durchsichtig sein und die Schwärze kam aus dem Bauch der Pyramide. Der Punkt schien wie ein Fenster ins Innere, doch erkennen konnten wir nichts.

An diesem Tag wurde es verdammt spät, bis wir merkten, daß wir eigentlich schon Zuhause sein müßten. Wir brachen in Panik auf. Allerdings nicht ohne unsere Entdeckung mit Schilf zu bedecken. Morgen wollten wir mehr in Erfahrung bringen, obwohl niemand wußte, wie wir etwas über ein solches Objekt rausbekommen konnten.



Natürlich bekamen wir Zuhause alle Ärger. Ich war kaum im Haus da hörte ich schon meinen Vater lauthals rufen: "Svörje, wo kommst du jetzt her ?" Er war stocksauer, denn es war schon nach neun Uhr. Es war zwar Freitag, aber das war ihm egal. Mutter fand das nicht ganz so schlimm, sie sagte: "Er ist doch schon vierzehn..."

Vater: "Ja ja, gib du ihm noch recht..."

Alles in allem gab´s nur kurz ein bißchen Aufregung, doch dann beruhigte er sich wieder. Na klar, sie hatten sich Sorgen gemacht.

Ich ging in mein Zimmer und holte mir vorher noch unbemerkt einige dicke Bücher aus Papas Bücherregal. Ich mußte unbedingt sofort nach dieser Pyramide suchen, obwohl ich nicht wußte, wo ich überhaupt nachschlagen sollte. Ich durchsuchte einige Lexikons, aber ich fand nichts über eine solche Pyramide.

Am Samstag trafen wir uns so schnell wir von Zuhause wegkonnten. Insa hatte auch mächtigen Ärger bekommen, doch sie durfte auch Heute wieder raus. Wir gingen sofort in unser Tal.

Natürlich war alles unverändert. Wir saßen um die Pyramide herum und überlegten angestrengt, was wir mit ihr machen sollten.

Göran sagte: "Ich glaube wir brauchen einen Fachmann, der uns weiterhelfen kann. Mein Bruder ist doch auf der Universität, vielleicht sollten wir ihn mit hierher nehmen. Könnte ja sein, daß er eine Idee hat."

Insa: "Nein, nein, noch sollten wir niemand unser Geheimnis verraten. Wir haben doch Zeit und können uns selber informieren. Wir werden einfach Fotos machen und die können wir ihm ja denn zeigen."

Die Idee fanden wir alle sehr gut und stimmten ihr zu. Björn und Lana machten sich sofort auf den Weg und gingen zurück ins Dorf. Sie holten einen Fotoapparat. Unterdessen buddelten wir die Pyramide völlig frei. Wir hatten ein paar kleine Schippen mitgebracht. Bis jetzt hatten wir sie genauestens untersucht, doch mehr als ihre Oberflächen konnten wir ja nicht untersuchen. Wir betasteten sie immer wieder. Es war ein angenehmes Gefühl an den Fingern. Irgendwie mußten die schwarzen und roten kurzen und etwas längeren Linien eine Bedeutung haben. Keiner hatte jedoch eine Vorstellung davon.

Diese seltsame Pyramide paßte in die Abgeschiedenheit dieses Tals. Sie war bis jetzt der einzige Fremdkörper in dieser Pflanzenoase, den wir gefunden hatten. Hier lag nicht einmal ein Stück Müll herum, wie man es sonst selbst in den abgelegensten Stellen des Waldes vorfinden konnte.

Als Björn und Lana zurückkamen hatten wir uns schon überlegt, aus welchen Positionen wir sie fotografieren wollen. Björn hatte die Fototasche seines Vaters mitgebracht und somit hatten wir mehrere Filme und Objektive. Nachdem der erste Film voll war, saßen wir wieder am Rand der Grube und rätselten weiter.

Insa sagte: "Ich weiß nicht, aber ich habe einfach das Gefühl, daß wir da etwas ganz Besonderes vor uns haben. Die ist nicht von der Erde. Ich glaube ja auch nicht, daß es Außerirdische gibt, jedenfalls nicht so richtig, aber das Ding kommt nicht von hier. Wenn wir hier in Ägypten wären, dann würde ich ja dazu sagen, daß es was Altes ist."

Björn: "Das kann nicht sein Insa, so was gibt es nicht. Es gibt bestimmt eine halbwegs normale Erklärung was es ist und wie es hierher kam."

Ich stimmte ihm zu: "Na klar Insa, irgendwie gebe ich dir recht, doch ich kann es nicht glauben. Etwas Außerirdisches zu finden ist ja noch unwahrscheinlicher als ein Lottogewinn."

Insa: "Trotzdem gewinnen immer wieder Leute ein paar Millionen..."

Lana: "Insa hat schon recht. Das Ding sieht so unmöglich aus, ich habe auch noch nie so ein Metall gesehen, so komisch grausilbern. Und weil es so unmöglich ist, können wir auch annehmen, daß seine Herkunft ziemlich unmöglich sein könnte. Nur selbst wenn es so ist, wie sollen wir etwas damit anfangen, eigentlich müßte die Pyramide von Wissenschaftlern untersucht werden. Erst dann wissen wir mehr."

Göran: "Dann sehen wir sie aber nie wieder, das ist sicher. Wir müssen uns einfach Zeit lassen und in alle Richtungen forschen, zum Beispiel auch in Richtung von UFO-Ereignissen. Vielleicht wurde ja schon mal so eine Pyramide gefunden."

Insa: "Quatsch, das ist einzigartig, denn über kurz oder lang kann man so etwas nicht verheimlichen..."

Björn: "Ich bin jedenfalls sicher, daß diese Linien eine Bedeutung haben. Wißt ihr noch, in dem einen science fiction Film, da gab es doch so was mit ein paar Linien an den Wänden. Da hatten die dann die Hände oder Finger drauf gelegt und dann öffneten sich Luken und Türen auf dem Raumschiff. Vielleicht sind das so was wie Sensoren. Wir sollten mal versuchen unsere Hände irgendwie über die Linien zu bewegen."

Er hatte noch nicht ausgesprochen, da befingerten wir schon gezielt die roten und schwarzen Linien. Jeder versuchte es auf seine Art.

Ich sagte: "Vielleicht muß man die Linien an verschiedenen Stellen gleichzeitig berühren. Vor allem sollten wir von allen vier Seiten gleichzeitig ein paar Fingerstellungen ausprobieren. Wenn ich meine andere Hand zu Hilfe nehme, dann kann ich alle 8 Linien auf meiner Seite berühren."

Ich war gerade dabei meine Finger zu ordnen und in Position zu bringen und berührte die Zeichen auf meiner Seite, als plötzlich alle Linien auf der Pyramide schwach zu leuchten begannen. Wir konnten es nicht fassen und riefen aufgeregt durcheinander: "Sie leuchten ! Seht euch das an..."

Alle beugten sich zu meiner Seite und wollten sehen, was ich gemacht hatte. Die roten und schwarzen Linien flimmerten schwach, es war kaum wahrzunehmen. Sofort setzten sich alle wieder vor ihre Pyramidenseite und versuchten auch ihre Linien mit allen Fingern, die zur Verfügung standen, gleichzeitig zu berühren. Björn und Lana hatten sich die Seite mit den 10 ungeordneten Zeichen vorgenommen, Lana hätte mit ihren zarten Händen auch Probleme gehabt alle Linien gleichzeitig zu berühren.

Auf einmal gab es ein heulendes, pfeifendes und auch surrendes Geräusch. Es hörte sich an, als würde ein großer Elektromotor anlaufen und obwohl es nicht sehr laut war, sind wir alle erschrocken und ließen die Pyramide los. Sofort war alles weg. Keine Linien die leuchteten, kein Surren.

Wir waren nervös.

Björn: "Habt ihr das gehört ? Was war das ?"

Göran: "Bei mir haben die Linien auch aufgeflackert. Ich habe es noch erkannt. Wir müssen das sofort noch mal versuchen, egal was passiert."

Wir rutschten wieder an die Pyramide und versuchten es erneut. Ich hatte meine Fingerposition sofort wieder und Lana und Björn auch. Das Surren wurde zu einem kurzen Pfeifen, dann war der Ton verschwunden.

Als jetzt Insa ihre Finger in der richtigen Position auf ihre 6 Linien gebracht hatte, wurden alle Linien etwas heller und flackerten nicht mehr. Das eigentliche schwarz, leuchtete dunkelblau. Lana saß neben Björn und sie teilten sich die Aufgabe die Linien zu berühren, denn auf ihrer Seite waren die meisten und in bemerkenswerter Weise, sehr bizarre Zeichen. Göran mußte noch rumprobieren mit seinen 9 Linien, die jeweils zu drei Dreiecken in dreieckiger Form angeordnet waren. Er konnte als Einziger nicht alle Linien mit seinen zehn Fingern gleichzeitig berühren, obwohl er die größten Hände von uns hatte, sie lagen zu weit auseinander. 6 war das höchste was er schaffte. Endlich hatte er eine Position gefunden.

Göran fingerte an seiner Seite rum und wir hörten schon wieder das Surren. Ich hatte auch den Eindruck, daß meine Haut elektrisiert wurde. Dann hörte ich nur Göran, er sagte: "Ich habs..."

Aber Schon bei "Ich", kam der Schock.

Von einer Zehntel-, wenn nicht Hundertstelsekunde zur Anderen saßen wir plötzlich in völliger Schwärze, um uns herum war es auf einmal stockfinster. Ich sah weder meine Hände, noch meine Freunde, nur die schwach leuchtenden Linien auf der Pyramide waren zu erkennen. Wir brauchten nur eine weitere Zehntelsekunde, um mit einem Satz erschrocken aus dem Sitzen und Knien von der Pyramide nach hinten wegzuspringen. Wir ließen sie vor Schreck sofort los.

Sie lag noch immer harmlos und matt glänzend vor uns in der Grube. Alles war beim Alten. Hatten wir uns die Dunkelheit nur eingebildet ? Im Augenblick bekam keiner von uns ein Wort heraus. Wir waren alle sehr überrascht.

Insa sagte dann: "Wir sollten erst einmal unsere Finger von ihr lassen. Ich glaube da steckt mehr dahinter. Ich muß sagen, ich habe Angst vor diesem Ding."

Ich war erstaunt, daß sie das zu gab. Insa war eigentlich kein Angsthase.

Aber irgendwie kribbelte es bei uns allen im Bauch. Selbst Göran sagte: "Ich will das Ding Heute auch nicht mehr anfassen. Vielleicht haben wir ja einen Stromschlag bekommen, was weiß ich. Ich dachte ich bin blind."

Wir waren uns alle einig, daß wir für Heute das Tal verlassen und uns um die Fotos kümmern, nachdenken und uns Morgen dann wieder hier treffen.

Als ich nach Hause kam war es gerade 17°° Uhr. Ich hatte kaum den Schlüssel im Schloß, als mein Vater die Tür aufriß und mich anschrie: "Wo kommst du jetzt her Svörje..." Er war sichtbar aufgeregt und meine Mutter stand direkt hinter ihm, sie sagte nur: "Junge was machst du ? Ist dir was passiert ?"

Ich war relativ sprachlos und sagte nur stammelnd: "Nein...." und sonst Nichts, denn zu mehr kam ich gar nicht.

Mein Vater redete auf mich ein, jetzt aber schon etwas ruhiger: "Svörje, ich bin verdammt enttäuscht von dir, daß du uns so etwas antust. Bis jetzt kenne ich das nicht von dir, aber so läuft das nicht. Jetzt müssen wir wohl in der Erziehung anders mit dir verfahren. Was glaubst du eigentlich, was wir uns für Sorgen gemacht haben."

Ich verstand nichts, aber ich sagte: "Wieso habt ihr euch Sorgen gemacht. Ich hab euch doch gesagt, daß ich mit den anderen in den Wald gehe und das ich erst um sieben nach Hause komme, jetzt ist es gerade fünf."

Mein Vater sagte zornig: "Sag mal spinnst du ?! Willst du mich veräppeln ?! Das war gestern und nicht Heute...."

Ich konnte nur verstört antworten: "Was sagst du...? Gestern...?"

Für mich brach eine Welt zusammen. Ja tatsächlich die ganze Welt, in der ich bis heute aufgewachsen war, von der ich glaubte, sie so gut zu kennen. Es konnte nicht stimmen, was er da sagte.

Meine Mutter nahm mich kurz entschlossen in Schutz und redete beruhigend auf meinen Vater ein: "Nun laß ihn doch erstmal zu Ruhe kommen. Er wird schon alles erzählen." Sie nahm mich in den Arm und fragte: "Hast du Hunger ?"

Ich: "Nein Mama. Das kann nicht stimmen, was Papa sagt, das war nicht gestern. Das war Heute, am Samstag."

Meine Mutter: "Heute ist aber Sonntag, Svörje. "

Ich sagte völlig verunsichert: "Ich glaube das nicht Mama. Ich muß sofort telefonieren."

Ich rief bei Insa an. Ihre Mutter sagte sofort schroff: "Insa ist jetzt nicht zu sprechen..." Das konnte ich mir denken, doch mir war es egal. Ich sagte: "Bitte, es ist sehr wichtig und glauben sie mir, wir werden alles aufklären. Insa hatte keine Schuld...."

Ihre Mutter gab sie mir widerwillig. Im Hinterrund hörte ich Lana heulen. Ich sagte: "Insa..., verstehst du das ? Was ist uns passiert ?"

Insa: "Das war das Ding, ich sage dir, das ist nicht von der Erde. Ich weiß überhaupt nicht, wie ich das alles meinen Eltern erklären soll. Sie glauben mir doch nie, selbst wenn ich die Wahrheit erzähle..."

Ich sagte: "Ich glaube wir müssen die Wahrheit erzählen."

Insa sagte sofort: "Nein...! Wir haben uns im Wald verlaufen und haben dort geschlafen. Ich habe meinen Eltern das schon erklärt, Lana hält bis jetzt dicht und sie haben mir die Geschichte schon fast abgekauft, sag es den Anderen. Ich mach jetzt Schluß. Wir telefonieren morgen wieder."

Ich rief sofort noch bei Göran und Björn an. Göran hatte keinen Ärger bekommen, er hatte schon ein bißchen mehr Narrenfreiheit zu Hause, schließlich würde er in zwei Wochen 16 werden und er hatte seinen Eltern nur erklärt, daß er bei einem Freund geschlafen hatte und das es ihm leid tut, daß er nicht angerufen hat.

Björn war hörbar geschockt und konnte seinen Eltern nur sagen, daß er das alles selber nicht versteht. Noch hatte er die Pyramide nicht erwähnt.

Ich sagte ihm, was wir beschlossen hatten und er brachte es so nach und nach seinen Eltern bei. Sie waren eh der Meinung, daß er unter einem Schock stand. Er schien ihnen so verwirrt, daß sie ihn überhaupt nicht bestrafen wollten, sondern eher etwas bekümmert um ihn waren. Tatsächlich war er der Einzige von uns, der beim nächsten Treffen immer noch sprachlos war und nichts verstanden hatte.

Uns war klar, daß diese Pyramide uns einen ganzen Tag gestohlen hatte. Nur...wie war das zu erklären ?

Björn war jedenfalls nicht in der Lage sie noch einmal zu berühren.

Wir trafen uns erst zwei Tage nach diesem Ereignis wieder im Tal. Wir redeten aufgeregt durcheinander. Die Wahrheit, daß anscheinend die Zeit verändert werden kann, hatte uns alle überrollt. Schon an diesem Tag hatten wir dies akzeptiert, nur Björn betonte immer wieder, daß dies alles nicht sein kann. Wir fragten uns, wie wir es wohl gemacht hatten und sollten wir tatsächlich noch einen Versuch unternehmen?

Was könnte aber passieren ?

Unseren Eltern konnten wir das nicht antun, vielleicht würden wir eine Woche oder einen Monat verschwinden, wer konnte das sagen ?

Björn hatte klar gesagt, daß er diesmal auf keinen Fall die Pyramide anfassen wird.

Wir hatten alle Angst, doch unsere Neugier war viel zu stark. Die Pyramide hatte uns ja auch nicht verletzt oder war unangenehm, das Einzige was wir verlieren konnten war anscheinend Zeit.

Trotz aller inneren Aufgeregtheit riskierten wir es. Selbst Lana hatte nicht so viele Bedenken wie Björn.

Diesmal mußten wir anders vorgehen.

Wir waren uns sicher, daß wir uns genau gemerkt hatten, wie wir die Linien berührt hatten, doch um auf Lanas Seite alle Linien mit den Fingern abzudecken, mußten Sie ihre Finger extrem weit spreizen. Insa versuchte einen ihrer Finger ziemlich kompliziert um die Ecke der Pyramide halten, so daß sie auch auf Lanas Seite ein Zeichen berühren konnte. So ging es auch ohne Björn. Wir spürten alle, daß er sich nicht nur vor Lana schämte, doch der Schock war zu groß gewesen. In diesem Moment war mir nicht klar, daß wir anderen auch genug Gründe gehabt hätten, um Respekt vor dieser Pyramide zu haben. Björn versuchte uns zwar nicht davon abzubringen, doch sein Entschluß, sie nicht mehr anzufassen war unabänderlich.

Es lief alles wie beim ersten Mal. Erst berührte ich meine Linien, dann leuchteten sie schwach auf. Dann kam Insa, die Linien leuchteten konstant und als alle Linien auf Lanas Seite berührt wurden, kam das Surren und dann als Görans Fingerspitzen die letzten Linien berührten, saßen wir plötzlich in der Dunkelheit.

Unsere Körper bebten förmlich vor Aufregung, unsere Herzen schlugen doppelt so schnell. Doch wir hielten unsere Finger auf den Linien, wir konnten uns nicht einmal sehen und ich mußte sofort etwas sagen: "Seid ihr noch hier ?"

Insa: "Ja klar, was dachtest du.."

Göran und Lana sagten nur: "Ja"

Jeder blickte sich in der Dunkelheit um, doch außer der schwache Schimmer der von den Linien ausging war nichts zu erkennen. Ansonsten blieb alles normal, wir fühlten unseren Körper und auch die Erdanziehung.

Ich sagte: "Wir sollten jetzt schnell wieder loslassen." Es war wie ein Befehl und wir nahmen unsere Finger von der Pyramide.

Ab diesem Moment, hatte sich unser Leben radikal verändert.

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