DERSONNEN

 

SPRUNG

 

Was hatte das alles zu bedeuten ? Seit Tagen war sie nun schon unterwegs und nichts von dem was sie erwartet hatte war eingetreten.

Ihr ging es nicht deutlich schlechter, wenn sie auch immer diese Schmerzen spürte und mehr, als noch vor ein paar Wochen. Sie hatte gelernt damit umzugehen, doch im Moment war sie mehr als enttäuscht.

Sie bewegte sich schon seit Tagen in diesem unwirtlichen, kargen Gebiet und was man ihr auch darüber erzählt hatte, sie konnte nur feststellen, daß es nicht stimmte. Es war keine Frage, daß sie sich in der richtigen Gegend befinden würde, bis jetzt waren ihre Sinne noch ungetrübt und sie hatte keine Probleme mit der Orientierung.

Hier sollte sie die Pflanzen vorfinden, von denen sie sich eine Heilung versprach.

Aber wie so oft in diesem Leben, daß einmal so verheißungsvoll begonnen hatte, mußte sie die Enttäuschung hinnehmen. Keine der wundervollen Beschreibungen dieser Region, die ihr Freunde und Wissende, denen sie des öfteren auf ihren ziellosen Reisen begegnet war, entsprachen der Wahrheit.

Dieses Gebiet, daß schon ihre alten Stammesväter zur Heilung verschiedener Krankheiten und Wunden aufgesucht hatten, glich nur noch den schroffen, grauen, pflanzenlosen Regionen in den nordischen Fjorden.

Die Wahrheit hatte nichts mit den alten Erzählungen gemeinsam, die diesen Ort einen der wundervollsten dieses Planeten beschrieben hatten.

Seit sie geboren worden war, unter den Sternen des Südens, die ihr Volk verehrte, aus deren Konstellationen sie den Lauf ihrer Zukunft ablasen und bei denen sie den Wohnort ihrer Götter vermuteten, zeigte es sich, daß alles was man sie gelehrt hatte, kaum noch zu gebrauchen war.

Nicht selten zweifelte sie in diesen Zeiten an dem Glauben ihres Volkes oder sie dachte, daß ihr Leben unter besonders schlechten Einflüssen stehen mußte.

Wie glücklich war die Zeit als Kind, wo sie ungetrübt durchs Leben gleiten konnte.

Ihre Mutter hatte stets versucht, die Gefahren des Lebens von ihr fernzuhalten und ihr Vater, wenn er ab und zu ihren Stamm begleitete, weihte sie in die mystischen Welten ihrer Religion ein.

Die Erinnerungen an ihre Mutter machten sie immer glücklich, denn mehr als sie es heute selbst tat, glaubte ihre Mutter an all das, was sie ihrer Tochter über das Leben erzählt hatte. Sie kannte sie nur froh und jederzeit bereit neue Unternehmungen zu starten. Sie war sich sicher, daß ihre Mutter nichts von all dem, was ihr im Verlauf ihres eigenen Lebens widerfahren sollte, erahnt haben konnte.

Sie war mit dem Glauben gestorben, daß ihre Tochter, in dieser, wie für ihr Volk geschaffenen Welt, ein glückliches Leben führen konnte.

Ihre lebensfrohe Natur, die sie ihrer Tochter vererbt hatte, war einem haltlosen Durcheinander der Gefühle gewichen. Auch die Gedanken ihres Vaters, der die Götter ihres Volkes pries und ihr die Regeln der gemeinschaftlichen Jagd lehrte, hatten ihre Wahrheit verloren.

Konnten denn die Lehren ihres Volkes jemals Wirklichkeit gewesen sein ? Oder war ihr Volk schon seit endlosen Generationen einem Traum verfallen, für dessen Erfüllung es in dieser Welt keinen berechtigten Anlaß gab?

Seit sie Reif genug war, über die Spielereien ihrer Kindheit hinaus, auch die Ernsthaftigkeiten des Lebens zu begreifen und sich Gedanken darüber zu machen, geriet ihr Bild von dieser Welt, daß ihr so umfassend und einfühlsam vermittelt wurde, ins Wanken.

Wie schnell war all die Zeit vergangen ? Sie war alt geworden, wenn auch nicht an Jahren, so waren doch ihre sprühenden Lebensgeister schon längst verloren gegangen. Sie selbst hatte vielen Kindern das Leben geschenkt.

Aber all das, was ihr vermittelt worden war, konnte sie ihnen jedoch nicht, ohne lügen zu müssen, weitergeben.

War es die Zeit selbst, die sich und alles andere veränderte ?

Im Moment war ihre einzige Hoffnung, daß ihr eigenes Leben noch nicht dem Ende zu gehen sollte. Doch ihre Krankheit war unerklärlich und sie spürte, wie sie an ihren Kräften zerrte.

Es waren nicht nur die offenen Wunden, die ihren Körper schwächten, ihre ganze Lebenskraft verließ sie von innen heraus und sie wurde schwächer und schwächer.

Die lange Reise hierher in diese Region, die ihr mehrere Wissende ihres Volkes als die Felder der Heilung angepriesen hatten, war ihre letzte Hoffnung gegen den einsetzenden Todeskampf.

Sie wußte nicht, wo sich ihre Kinder aufhielten und ihr Stamm war unauffindbar oder vielleicht sogar tot. Sie gehörte zu niemanden mehr, außer zu sich selbst und daran wollte sie auch festhalten.

Es war nicht immer einfach am Leben festzuhalten. Schon des öfteren überkam sie das Gefühl einen selbstgewählten Tod zu suchen. Dies war ein Gedanke, der ihr und ihrem Volk fremd war. Er machte ihr Angst und ließ viele Konflikte in ihr entstehen. Ihre Gedanken beschäftigten sich mit Dingen, die man ihr nie vor Augen geführt hatte, die anscheinend nie zum normalen Leben und den wirklichen Problemen ihres Volkes gehört hatten. Wie sollte sie damit umgehen ?

Diese wundervolle Welt schien zusammen zu fallen.

Die wissenschaftliche und auch religiöse Weltanschauung ihres Volkes erklärte seit undenklichen Zeiten die großen Zusammenhänge des natürlichen Lebens auf diesem Planeten. Niemand von ihnen hatte einen Zweifel, daß diese perfekte Welt nur für sie erschaffen worden war.

Ohne das sie besondere Beweise dafür brauchten, zeigte ihnen einst das Leben täglich, daß es alles für sie bereit hält, um wirklich glücklich zu sein.

Damals, blieb ihr nichts anderes übrig, als an die religiösen Regeln ihres Volkes und den lebensbejahenden Geist ihrer Mutter zu glauben und sie erwartete unweigerlich, daß auch sie einem Leben ohne großen Gefahren entgegen sehen konnte.

Alles auf dieser Welt war im Besonderem für ihr Volk geschaffen worden.

Ihre Welt war schier endlos und bis auf die monströsen, gefürchteten schwarzweißen Mörder, die aus dem Nichts auftauchen konnten, hatten sie keine natürlichen Feinde, die ihnen gefährlich werden konnten.

Sie waren die Herren der schier endlosen Meere dieses Planeten. Es gab nie größere Probleme, ihr Lebensraum machte sie zu den reichsten und glücklichsten Wesen.

Alles was sie von ihren Eltern gelernt hatte, waren die ewigen Wahrheiten der Natur, die mit denen ihres Volkes eng verknüpft waren. Das Wissen über die wunderbare Natur, in der sie lebten, wuchs von Generation zu Generation.

Ihr Volk wußte um die Naturgesetze des Gleichgewichts der biologischen Kräfte, um die Macht der Strahlen und den biologischen Möglichkeiten der evolutionsorientierten Mutationen. Ihr Glaube beinhaltete wissenschaftliche Erkenntnisse, er war flexibel und ihr Weltbild war nicht nur von dogmatischen Regeln bestimmt. Niemand hielt diese Welt für statisch.

Gerade das Wissen darüber, daß sich in dieser Welt alles veränderte und verändern konnte, bedeutete für ihre ausgeprägte Phantasie, eine Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod. Diese religiöse Vorstellung war ein Pfeiler ihres Glaubens.

Ihre Art hatte über Millionen von Jahren gelernt, sich als kosmisches Wesen zu verstehen, was sie in die Lage versetzte, transzendieren zu können.

Nichts war unmöglich in diesem natürlichem System, daß ihnen fast nur Gutes offenbarte.

All die Probleme des Lebens, auf die sie ihre Mutter vorbereitet hatte, waren aus ihrer heutiger Sicht nicht einmal Wert angesprochen zu werden, sie schienen bedeutungslos gegen die Fragen, die ihr späteres Leben in ihr aufgeworfen hatte.

Die Jagd, die auch immer bedeutete, daß man selbst zur Beute werden konnte, bildete früher noch die ernsthafteste natürliche Problematik, mit der sie das Leben einst konfrontiert hatte.

Die übliche Erziehung steckte voller Regeln über gesellschaftliche Umgangsformen, die als besonders wichtig erachtet wurden.

Wenn sich die unzähligen Stämme ihres Volkes in den unendlichen Jagdgründen begegneten, mußten sie sich diplomatisch verhalten. Jeder Stamm hatte seine speziellen Eigenheiten und es kribbelte vor Spannungen, wenn fremde Stämme aufeinanderprallten.

Damit es nicht zu plötzlichen Gefechten kam, mußten die diplomatischen Regeln streng eingehalten werden.

In der langen Geschichte ihres Volkes, hatten sie gelernt ihre natürlichen Aggressionen, durch die Anerziehung gewisser Moralvorstellungen und Umgangsformen, in den Griff zu bekommen und solchen Konflikten, aus dem Weg zu gehen.

Doch was bedeuteten schon all die perfekten Regeln und auch ihr intensiver Glaube an ihre religiösen Vorstellungen. Was waren das für wissenschaftliche Tatsachen, die letzten Endes in dem Prozeß der immer fortlaufenden Veränderungen unwichtig zu werden schienen und sich im Nichts auflösten ?

Dem Weltbild ihres Volkes konnte sie nicht mehr vertrauen !

Die Natur selbst konnte sie nicht mehr überzeugen !

Das Leben hatte sie bitter enttäuscht. Viele alte Bräuche waren ausgestorben, die alten Stammesverbindungen hatten sich aufgelöst. Wichtige Zusammenhänge ihrer Religion waren verloren gegangen.

Plötzlich wurde ihr Lebensraum von Katastrophen heimgesucht und all ihre Götter schienen sie verlassen zu haben. Es gab kaum noch natürliche Wahrheiten, an denen man festhalten konnte.

Ihr Volk wurde krank, es gab sehr viele Fehlgeburten und sie hatten neue Feinde bekommen. Feinde, die man nirgends zu Gesicht bekam und die dennoch maßgeblich Einfluß auf ihr Leben nahmen.

Wie sie selbst, hatte auch ihr Volk, bis jetzt noch nicht ganz verstehen können, woher sie gekommen waren und ob sie überhaupt auf diesen Planeten gehörten.

Der Glaube, daß sie selbst die Herren dieser Welt waren, die alles zu ihrem Wohlgefallen bereit hielt, schmolz dahin.

Sie schwamm immer noch aufgeregt umher und suchte nach all den Pflanzen und Korallen, die sie in diesen tropischen Regionen vorfinden müßte und die vielleicht Heilung auf ihre unbekannte Krankheit versprachen. Konnte man sie so belogen haben ?

Mehrere Anführer und Wissende einzelner Stämme, denen sie in den Gewässern der Ozeane begegnet war, hatten ihr dieses Gebiet als ein Paradies, der exotischsten Heilpflanzen beschrieben.

War dies wieder eine dieser Veränderungen, die niemand erklären konnte ?

Sie belog sich selber, wenn sie glaubte, sie könnte dem Tod noch einmal entrinnen und irgendwas oder irgendwer könnte ihre Krankheit heilen.

Wieder stieg die Frage in ihr auf, ob es denn wirklich noch erstrebenswert war, dieses Leben weiterzuführen ?

Ständig auf der Suche nach dem Glück, das man ihr seit ihrer Geburt versprochen hatte, das ihr nie begegnet war.

Wußte ihre Mutter, daß dieses Leben so anders war ? Hatte sie sie belogen, um ihrer Kindheit noch einen glücklichen Anschein zu geben ?

Kein Zweifel, ihre Kindheit war schön. Jagen, spielen und ständig lernte sie etwas dazu, ihr Leben war erfüllt.

Irgendwie schienen die umwälzenden Veränderungen in einem wirklich kurzem Zeitraum von statten zu gehen. Es gab Gebiete, die von einem Tag zum anderen zur tödlichen Bedrohung wurden.

Man sah den lauernden Tod nicht, wie von Geisterhand wurden die Gewässer zu Giftlachen, die sämtliches Leben auslöschten. Die Gefahren wurden immer größer, niemand hatte mit so etwas gerechnet.

Das traditionelle Jagen in großen Verbänden von Familien und Stämmen war nicht mehr möglich. Riesige Fangnetze, die in der unmittelbaren Nähe der größten Fischschwärme auftauchten, forderten Millionen von Opfern.

Die Fische wurden bewacht und auch sie waren krank.

Die Stämme warnten sich vor den wachsenden Gefahren in den Ozeanen. Ihr Verständnis reichte aus, um zu erkennen, daß all die Veränderungen eine natürliche Ursache haben mußten.

Doch bis jetzt hatten sie nur die eigentlichen Verursacher erkennen können. Das Volk, daß sich Mensch nennt.

Niemand konnte jedoch erklären, warum sie diesen Wandel der Welt herbeiführen wollten.

Man hielt sie für gefährlich dumme Geschöpfe, die den Planeten immer mehr auslaugten.

Ihr Volk setze alles daran diese Wesen zu verstehen, die auf den Landgebieten lebten und selten persönlich in die Gebiete der endlosen Gewässer vordrangen.

Sie hatten es anscheinend nicht nötig ständig dort anwesend zu sein. Die Zerstörung, die sie über die Ozeane brachten, kam heimlich, ohne daß man Einen von ihnen zu Gesicht bekommen brauchte.

Die Meere waren total verändert worden und nicht nur das Leben ihres Volkes wurde immer stärker bedroht, eingeschränkt oder sogar ausgerottet.

Jetzt war sie selbst an der Reihe. Ihre Haut war an verschiedenen Stellen aufgebrochen und von offenen Wunden gezeichnet. Im Inneren schmerzten die Organe.

All die Symptome hatte sie schon bei anderen Delphinen gesehen und ihre Angst vor dem qualvollen Tod wurde mit jedem Tag größer.

In ihrem Alter gehörte man normalerweise noch nicht zu denen die den Tod erwarteten. Doch die Lebenserwartungen hatten sich geändert, sie mußte ihrem Schicksal in die Augen sehen, ohne Antworten auf die vielen Fragen, die sich in diesem Leben aufgetan hatten.

Was wollten diese Menschen ?

War für sie das Wasser nicht genauso lebenswichtig, wie für die Delphine die Luft der Atmosphäre. Welche Macht hatte dieses Volk, daß sie die natürlichen Bedingungen des Planeten so nachhaltig beeinflussen konnten ?

Sie schwamm in Richtung Süden und verließ die Gebiete der toten Korallenriffe, in denen sie gehofft hatte, Pflanzen vorzufinden, die sie vielleicht noch einmal heilen könnten. Doch das Leben der Ozeane war sichtbar dem Tod geweiht.

Sie hatte schon längst den intensiven Glauben ihres Volkes, an ein sich immer weiter entwickelndes natürliches Leben in Zweifel gezogen.

Bis es in aller Munde lag, daß einzig allein das Volk der Menschen für die Zerstörungen und die Veränderungen des natürlichen Lebensraum verantwortlich war.

Trotzdem war ihr nicht mehr geblieben, als an all den Hoffnungen festzuhalten, die in den Lehren ihrer Religiösität verborgen lagen.

Der Glaube an eine Unsterblichkeit; -- an weitere Leben, in anderen Welten, -- in anderen Körpern, unter anderen Völkern, war alles, auf das sie noch zu hoffen wagte.

Die Natur allein war in der Lage dies alles möglich zu machen.

Auch im alltäglichem Leben konnte man spüren wie dünn die Grenzen zwischen den Welten der Wahrheit und der unergründlichen Vielfältigkeit der Phantasie waren. Immer wieder begegnete man Phänomenen, die einem andeuteten, daß das Leben wert war, immer wieder gelebt zu werden.

Doch was nützten diese philosophischen Erkenntnisse.

Ihre Beziehung zum Tod war nicht der Punkt, der ihr den Abschied vom Leben erschwerte. Sie kam sich vor, als müßte sie diesen wundervollen Planeten Erde für immer aufgeben, wogegen sie sich innerlich sträubte.

Es war das Gefühl etwas zu verlieren, daß sie auch durch ein neues Leben in einer anderen Welt nicht wieder erlangen könnte.

Sie und ihr Volk liebten die Ozeane dieses Planeten und wenn sie daran dachte, in einem neuem Leben wiederzukehren, dann wollte sie in die Ozeane dieses Planeten zurückkehren.

Doch wenn diese Natur perfekt war, würde sie sie nicht auf diesen sterbenden Planeten zurückkehren lassen.

Die Sonne war für ihr Volk der heilige Ort des Todes, in dem die zu erwartende Umwandlung, zu einem neuen Wesen, vor sich gehen sollte. Durch sie würde ihre Seele hindurchgeschleudert werden, um dann, so es die Götter wollten, in einer anderen Welt, irgendwo im Universum zu neuem Leben erweckt zu werden.

Ja, sie würde mit diesem Körper sterben, doch all ihr Wissen und ihr ausgeprägter Glaube an die mythischen Vorstellungen ihres Volkes, ließen in ihr keinen Zweifel aufkommen, daß sie nur auf dem Weg zu einem neuen Leben war.

Die Schmerzen stiegen unaufhörlich und nach dieser erfolglosen Reise war sie völlig entkräftet. Das Auftauchen, um Luft zu holen, wurde immer mehr zur Last. Sie war auf ihrem letztem Weg und hoffte noch bis in die kalten Regionen des Südpols zu gelangen, um dort ihrem Ende entgegen zu sehen. Dort, wo sie ihre ersten Kinder aufgezogen hatte.

Auf dem Weg dorthin überfiel sie eine unsägliche Angst.

Was wäre..?..

Ja, was wäre wenn die Macht der Menschen über den Tod hinausgehen würden ?

Wenn sein Wirken selbst den Kreislauf von Tod und Leben durcheinander gebracht hatte ?

Dieser Gedanke ließ ihre Gefühle ins Bodenlose fallen. Sie hatte Angst vor der Macht dieser Wesen, die keine Empfindungen zu haben schienen und die das biologische Gleichgewicht der Erde merklich durcheinander gebracht hatten.

Sie wußte nicht, daß sie sich selbst schon längst für die Herren der Erde hielten und keinem anderen Lebewesen einen Platz einräumten.

Gegrämt von all diesen ungeklärten Gedanken erreichte sie die Grenzen des Eismeers und starb.

Ihre Seele löste sich von ihrem toten, vergifteten Körper, der langsam zum Meeresboden sank und mit der Geschwindigkeit des Lichts durchflog ihre Seele die Sonne.

Ihr war, als würde sie sich für Augenblicke im Zentrum dieses Leben spendenden Sterns aufhalten und durch die millionenfachen Strahlen seines Lichts auf die Erde zurückblicken, die nun den Menschen immer mehr allein gehören sollte.

Ihm, der weder einen Glauben besitzen konnte, der ihm eine Hoffnung geben würde und der noch dazu in der unglücklichen Lage war, nicht verstehen zu können, daß er niemals allein und aus eigener Kraft auf diesem Planeten überleben können würde.

In diesem göttlichen Augenblick spürte sie, daß die Macht der Menschen, nicht bis in die seelischen Tiefen des Universums reichte. Sie erkannte wie ohnmächtig diese Wesen ihrem eigenem Handeln gegenüberstand und noch einen langen Weg zu gehen hatte.

Ihre Angst verflog, ihre Seele streckte sich endlos und sie spürte wie der Moment der Umwandlung in ein neues Leben näherkommen sollte.

Mit diesem Gefühl tauchte sie in die Welt des energetischen Lebens.

Sie wußte, daß ihr Volk recht behalten hatte, diese Welt war für die Delphine erschaffen worden. Kein Mensch würde jemals in der Lage sein, das wirkliche Leben zu vernichten.

Ihre Trauer galt der Erde, wie ihren Brüdern und Schwestern. Sie galt den kleinen bunten Fischen, mit denen sich so gut spielen ließ. Sie galt so vielen Dingen, die sie hatte Sterben sehen müssen.

Die Sonne wärmte ihre Seele, alles was blieb war die Zuversicht, daß Delphine immer irgendwo leben werden.